Schritt 2 – Entwaffnen

Im zweiten Schritt sollen Sie Ihre Gedanken Entwaffnen und Entschärfen. Immer, bevor Sie sich zu sehr in Ihren Gedanken verstricken, Sie sich in deren Inhalten verfangen und diesen Glauben schenken, fangen Sie an zu Entwaffnen (Defusionieren).

Hinweis: Der Fachbegriff lautet hier Kognitive Defusion und ist ein weiterer Pfeiler der ACT – Akzeptanz- und Commitmenttherapie.

Was genau befürchten Sie denn, wenn die Angst kommt? Sie bemerken ein klopfendes Herz, ein Ziehen oder Stechen in der Brust. Ihr Gehirn meldet Gefahr! Und Ihnen kommen die ersten Gedanken: was wäre? – was wäre, wenn es ein Herzinfarkt ist? Oder was wäre, wenn mein Herz doch einen Fehler hat und der Doktor sich bei der Untersuchung getäuscht hat?

Es sind aber einzig diese Gedanken, die die Angst und die Symptome verstärken und den Angst-Kreislauf in Gang setzen und beschleunigen. In den kommenden Kapiteln werden Sie lernen, dass der Körper mittels Neurotransmittern eine Vielzahl von körperlichen Reaktionen hervorrufen kann – obwohl Sie körperlich komplett gesund sind.

Es sind diese Was wäre?-Fragen, Ihre Zweifel und kreisenden Gedanken, die den Kreislauf der Angst am Leben halten und sich bis in die Panik steigern.

Was wäre, wenn ich eine Attacke bekomme?

Was wäre, wenn ich keine Luft bekomme?

Was wäre, wenn mir jetzt übel wird?

Was wäre, …

Sie fusionieren, sie verschmelzen, mit diesen Gedanken und fangen an, diesen Glauben zu schenken. Somit wird dieser Gedanke nicht mehr nur irgendein Gedanke, sondern einer, der Ihr direktes Handeln erfordert.

Versuchen Sie nicht, diese Gedanken zu unterdrücken. Oder haben Sie schon einmal versucht, an etwas nicht zu denken? Das wäre, als wenn Sie einen Wasserball unter Wasser drücken wollen. Was wird passieren? Er wird mit voller Macht, genau vor Ihrem Gesicht wieder aus dem Wasser springen. Warum versuchen Sie nicht, den Ball treiben zu lassen.

Entwaffnen Sie sprichwörtlich ihre ängstlichen Gedanken, lösen Sie sich von diesen und antworten:

Was wäre, wenn es ein Herzinfarkt ist? Was kann schon passieren – das Herz schlägt schneller, weil ich die Treppe hochgegangen bin! Oder mir kann nichts passieren – mein Herz ist untersucht und für gut befunden worden!

Wichtig ist, dass Sie nicht versuchen sollen, den Inhalt der Gedanken zu verändern, also nicht vom Negativen ins Positive zu schwenken.

Solche Änderungs-Versuche führen oftmals nur zu einer Stärkung des zugrundeliegenden Bezugs zu diesem Gedanken, mit dem Effekt, dass die entsprechenden Gedanken an Intensität und Frequenz noch zunehmen.

Es ist auch nicht der Inhalt Ihrer Antworten, dem Sie glauben schenken sollen. Manchmal sind es einfach Gedanken, die sich jeglicher Logik verwehren. Warum sollten Sie genau jetzt einen Herzinfarkt bekommen, wenn Sie bereits viele Jahre ohne Herzinfarkt ausgekommen sind und Ihnen ein Doktor sogar eine ausgezeichnete Gesundheit bescheinigt hat?

Werden Sie vielmehr der Beobachter Ihrer Gedanken, ohne mit Ihnen zu verschmelzen. Nehmen Sie die eigenen Gedanken nicht mehr so wörtlich oder ernst. Bisher haben Sie sorgfältig einen Rahmen für Ihre Gedanken und Sorgen geschaffen – sie eingeladen und Ihnen Glauben geschenkt. Den Inhalt interfragt und haben zugesehen, wie sie sich intensiviert haben.

Ab jetzt dürfen Sie diese beobachten und Sie nicht weiter von Ihnen Besitz ergreifen oder sich von Ihnen definieren lassen. Schaffen Sie eine innere Distanz und verfangen Sie sich nicht mehr in deren Inhalt.

Was wäre, wenn ich jetzt eine Attacke bekomme? – Was kann schon passieren, es ist nur Adrenalin und vergeht schnell.

Was passiert, wenn mir schwindelig wird? – Dann ist es so! Ich setze mich kurz – Schwindel hat nichts mit Kampf, Flucht und Ängsten zu tun.

Nehmen Sie jeglichen Nährboden für Gefahren, lassen Sie keine unangemessenen und übertriebenen Befürchtungen aufkommen und das Angstprogramm nicht weiterlaufen oder sich verstärken. Beenden Sie den Angst-Kreislauf direkt nach – oder sogar vor seiner Entstehung, bevor Ihre Gedanken in eine Katastrophe abdriften.